Hey Zuri, danke für deinen Kommi.
Es ist mal wieder Zeit für einen neuen Teil.
Ich lese das ja auch nochmal, bevor ich es reinsetze. Man man man ist das cringey! Ich würde einige Stellen am liebsten nochmal neu schreiben mit der Schreiberfahrung die ich jetzt habe, aber naja… hilft jetzt auch nichts mehr.
Begegnungen
»Wen haben wir denn da?« höhnte Parker. »Was machst du hier, Adams?« Er griff mich an den Schultern und drängte mich rückwärts. Ich fühlte, wie mein Kopf gegen die Wand schlug und für einen Moment sah ich Sterne.
Meine Klamotten fielen von meinen Händen auf den Boden und ich begann zu zittern. Sein Gesicht kam meinem nah, so nah, dass ich seinen Atem spüren konnte. »Was ist mit dem Geld?« zischte er, während er mich gegen die Wand drückte.
Bevor irgendetwas anderes passieren konnte, sah ich aus meinen Augenwinkeln jemanden um die Ecke kommen.
»Hey! Was ist hier los? Lass ihn in Ruhe!« Am Ende des Ganges stand der süße Junge, den ich den ganzen Tag beobachtet hatte. »So viel zum Thema erster Eindruck«, dachte ich beschämt.
Selbstbewussten Schrittes ging er in unsere Richtung. Die Angst, die ich zuvor gefühlt hatte, verwandelte sich jetzt in Panik. Parker hätte körperlich kein Problem damit, mich zu Brei zu schlagen. Ich wollte mir gar nicht erst vorstellen, was er mit diesem sogar noch kleineren Jungen machen würde.
Der Ausdruck auf Parkers Gesicht verriet mir allerdings, dass er komplett überrascht von diesem kleinen Typen war, der ihm einfach so sagte, er solle mich in Ruhe lassen. Er brauchte ein paar Sekunden, um zu begreifen, was gerade passierte, bevor er sich seinem kleinen Herausforderer zuwandte.
»Das geht dich einen Scheißdreck an. Er schuldet mir Geld, also verpiss dich oder du erlebst was«, drohte Parker mit lauter Stimme. Aber der Junge schien kein bisschen beeindruckt zu sein. Er ging noch einen Schritt weiter und baute sich vor Parker auf, soweit das bei dem massiven Größenunterschied überhaupt ging. Es erinnerte mich an David und Goliath.
»Es ist mir vollkommen egal, ob er dir Geld schuldet. Lass ihn in Ruhe und verpiss dich selbst. Der Bademeister ist gleich um die Ecke. Lust auf eine Freifahrt mit der Polizei? Dann schlag zu!«, zischte er mit aggressiver Stimme.
Parker war vollkommen fassungslos und selbst wenn er dumm war, wusste er wahrscheinlich, dass wenn der Kleine wie am Spieß schrie, tatsächlich sehr schnell andere Leute hier sein würden. Er schaute genervt und drehte sich wieder mir zu. Er schlug mich ein letztes Mal gegen die Wand, bevor er mich losließ. Mir war immer noch schwindelig von dem Zusammenstoß von meinem Kopf und der Wand. Ich rutschte mit meinem Rücken an den Fliesen hinter mir zu Boden und zog meine Knie an.
»Sieht so aus, als ob deine kleine Freundin dich dieses Mal beschützen konnte. Wir sehen uns morgen in der Schule. Ich kann es gar nicht erwarten«, sagte er hämisch zu mir, bevor er sich umdrehte und ging.
Als ich ihm hinterherschaute, überflutete mich Verzweiflung. Parker schien mich einfach nicht in Ruhe lassen zu wollen. Wer weiß, was Montag passieren würde? Warum konnte mein Leben nicht so einfach und sorgenfrei sein, wie das von anderen? Warum hatte ich nicht die Eier, einfach etwas zu sagen, mich zu wehren? Es war einfach zu viel.
Ich hatte einen Kloß in meiner Kehle und spürte, wie sich langsam Tränen in meinen Augen bildeten.
Nein! Bitte nicht jetzt! Ich rollte mich zusammen, versteckte meinen Kopf zwischen meinen Knien und versuchte, ruhig zu atmen.
»Hey, alles okay?« fragte mein Retter besorgt. Ich wollte antworten, aber dann hätte er gehört, dass ich kurz davor war, zu heulen. Ich blieb also einfach stumm und verharrte in meiner Position.
»Hm, anscheinend nicht«, sagte er, mehr zu sich selbst als zu mir. Er setzte sich neben mich auf den Boden und legte seine Hand auf meine Schulter. »Ich bin Ethan. Wie heißt du?«
»Josh«, presste ich heraus. Meine Stimme klang merkwürdig hoch und belegt. Seine Hand bewegte sich inzwischen in langsamen, beruhigenden Kreisen über meinen Rücken. Es war, als würden kleine elektrische Impulse von seinen Fingern ausgehen, und sich unter meiner Haut verbreiten. Ich hätte das Gefühl ewig genießen können, aber gleichzeitig wurde mir bewusst, wie merkwürdig die Situation war, und wie unangenehm es für ihn sein musste, sich um einen Loser wie mich kümmern zu müssen. Ich räusperte mich und schniefte ein, zwei Mal, bevor ich mich traute, zu ihm aufzuschauen.
»Danke«, flüsterte ich schüchtern.
»Kein Problem«, antwortete er, und drückte meine Schulter sanft mit seiner Hand, bevor er mich losließ. Plötzlich kam mir die körperliche Zuneigung zwischen uns umso peinlich vor und ich fühlte meine Wangen erröten. Sein Gesicht zeigte ähnliche Gefühle. Nach ein paar Momenten räusperte er sich, versuchte die komische Spannung abzuschütteln.
»Ist der Typ immer so ein Arschloch? Schuldest du ihm wirklich Geld?« fragte Ethan mich.
»Nein, ich schulde ihm kein Geld, das behauptet er nur so«, erwiderte ich. »Vielleicht hofft er auch, dass ich ihm tatsächlich Geld gebe, um ihn loszuwerden.« Ich schniefte wieder. Ethan öffnete seinen Rucksack und kramte, bis er ein Taschentuch für mich fand. Ich gab ihm einen dankbaren Blick und putzte meine Nase.
»Danke nochmal.« Ich betrachtete ihn mit einem Hauch von Bewunderung in meinen Blick. »Ich checke immer noch nicht, wie du das gerade gemacht hast.«
»Kein Ding. Du hast Glück, dass ich etwas in der Umkleide vergessen habe und zurückkommen musste. Ich habe aber auch keine Ahnung, wie ich das gemacht habe. Ich habe nur gesehen, was passiert ist und nicht groß darüber nachgedacht. Im Nachhinein erscheint es mir ziemlich lebensmüde.« Er grinste mich an. »Ich schätzte, ich hatte halt Glück.«
Wir saßen noch einen Moment da, bevor er sich erhob und mir seine Hand anbot. »Komm, steh auf.« Ich nahm seine Hand und er zog mich hoch. Dann sammelte er meine Sachen vom Boden auf und gab sie mir. Wir schauten uns an. Ich war unsicher, was ich tun oder sagen sollte und er schaute schien in Gedanken versunken zu sein.
Noch bevor er etwas sagen konnte, platzte ich heraus: »Du musst denken, dass ich eine totale Pussy bin.«
Er zuckte mit den Achseln. »Der Typ war schon ziemlich gruselig. Ich hätte mich an deiner Stelle vermutlich genauso verhalten. Mach dir keinen Kopf drum.« Ich glaubte nicht wirklich, dass er das ernst meinte, aber lächelte ihn trotzdem an.
»Du siehst aus wie jemand, den ich kenne«, wechselte er das Thema.
»Ich kenne niemanden, der so aussieht wie ich,« antwortete ich ihm.
»Du wirst ihn wahrscheinlich sehen, wenn ich das nächste Mal hier bin. Du kommst doch hier wieder her, oder? Ich habe dich hier noch nie zuvor gesehen.«
»Ja, ich denke schon«, sagte ich, wobei mein Herz ein Stück schneller schlug. Er hatte mich gefragt, ob ich wieder hierherkommen würde. Ich zwang mich, ein breites Grinsen zu unterdrücken.
»Ähm«, fing er an. »Ich muss langsam los, aber bevor ich gehe, wie ist deine Handynummer?«
Ich gab ihm meine Nummer und er tippte sie in sein Handy und rief mich an, damit ich seine hatte. Danach lächelte er mir zu. Was für ein umwerfendes Lächeln! »Es war schön, dich kennen zu lernen, Josh. Tut mir leid, dass ich jetzt gehen muss, aber meine Mutter bringt mich um, wenn ich wieder zu spät zum Essen komme.« Er grinste mich an und lief los, nachdem wir uns verabschiedet hatten.
Ich zog mich um und machte ich mich auf den Weg nach Hause. Meine Eltern waren noch weg und Philip hatte an Sonntagen frei. Ich konnte nicht aufhören, an Ethan zu denken. Jetzt hatte er sogar einen Namen. Noch besser. Er hatte mich angelächelt. Ich hätte vor Glück platzen können.
In meinem Zimmer angekommen, machte ich meinen Computer an und hörte Musik auf YouTube, während ich ein Buch las. Nach etwa einer Stunde vibrierte mein Handy. Eine neue SMS von Ethan: Hey Josh, Mittwoch treffen?
Ich konnte mir das Grinsen nicht verkneifen, so glücklich war ich. Schnell schrieb ich eine Antwort: Sicher, wann?
Nicht einmal eine Minute später vibrierte mein Handy erneut.
Um 3 Uhr. Pass morgen in der Schule auf dich auf!
Wie süß! Er macht sich Sorgen um mich! Alleine das zu wissen, machte die Idee, am Montag zusammengeschlagen zu werden, nahezu ertragbar. Es würde nicht weniger wehtun, aber immerhin hatte ich etwas, woran ich mich festhalten konnte.
Ich werde einfach in der Nähe der Lehrer bleiben. Freue mich schon auf Mittwoch!
Seine Antwort kam beinahe sofort: Gute Idee! Ich mich auch!
In dem Moment knurrte mein Magen. Ich legte das Handy beiseite und ging in die Küche, um mir ein paar Sandwiches zu machen. Der Rest des Abends war eine Achterbahnfahrt der Gefühle zwischen Aufregung darüber, dass ich Ethan sehen würde, und Angst, Parker in der Schule zu treffen.
Am nächsten Morgen dachte ich darüber nach, meinen Eltern zu sagen, dass ich krank sei, aber ich war ein schlechter Schauspieler. Mein Vater hätte mir gesagt, dass ich mich wie ein Mann benehmen und gehen solle, und dass ich nicht krank aussähe. Außerdem müsste ich mich dann den ganzen Tag mit Philip herumschlagen. Ich würde Parker sowieso irgendwann wieder begegnen; wenn nicht heute, dann morgen oder übermorgen.
Bis zu dem Ende der zweiten Stunde lief alles gut. Unsere Schule war ziemlich groß, wodurch es mehr oder weniger möglich war, jemanden zu meiden. Parker war zudem eine Klasse über mir, was die Sache noch einfacher machte. Ich wollte gerade den Klassenraum verlassen, da sah ich Parker im Gang stehen. Ich drehte mich sofort um, ging zurück zu meinem Tisch und tat so, als hätte ich etwas vergessen.
Der Raum leerte sich, bis nur noch Mr. Fisher und ich übrig waren, also versuchte ich Zeit zu gewinnen.
»Das war eine wirklich interessante Stunde«, sagte ich.
»Danke«, antwortete er. Wir hatten die Geschichte der Sklaverei in den USA behandelt. »Es ist interessant, dass Sklaverei damals als komplett normal angesehen wurde und heutzutage kann niemand verstehen, dass zu der Zeit fast keiner verstanden hat, wie falsch es war, denkst du nicht?«
»Ich denke ich kann es verstehen. Jeder Mensch ist letzten Endes nur ein Produkt seiner Umgebung und dessen, womit er aufgewachsen ist. Wer weiß, was die Menschen in hundert Jahren denken werden?« antwortete ich. »Vielleicht werden sie diese ganzen Anti-Schwulen-Aktivisten wie meinen Vater so betrachten, wie wir heutzutage die Sklavenhalter«, fügte ich in Gedanken hinzu.
Mr. Fisher schaute mich mit Anerkennung an und nickte. Er ging Richtung Tür und ich folgte ihm. Glücklicherweise war meine nächste Stunde im Raum an Ende des Ganges, also blieb ich nahe bei ihm und verabschiedete mich, als wir die Tür erreichten.
Ich seufzte, froh Parker entkommen zu sein. Nach diesem Ereignis sah ich ihn nicht mehr, weder in der Mittagspause noch zwischen den Stunden. Zuerst dachte ich, ich hatte einfach nur Glück, aber als ich am Ende der letzten Stunde meine Sachen packte, hörte ich, wie zwei meiner Mitschüler über ihn redeten.
»Was ist eigentlich mit Parker, den habe ich den ganzen Tag nicht gesehen?« fragte Ryan. Er war einer von den Leuten, die mein Leben schwierig machten. Nicht so sehr wie Parker, aber schön war es trotzdem nicht.
Parker war der Einzige der mich offen hasste; Gott allein weiß, warum. Dann gab es noch seine Freunde, solche wie Ryan, denen ich meistens ausweichen konnte, wenn Parker nicht in der Nähe war. Der Rest behandelte mich wie einen Aussätzigen, weil sie Angst vor Parker hatten. Immerhin waren diese Leute überwiegend neutral. Sie machten sich nicht die Mühe, mir Probleme zu bereiten. Sie redeten zwar nicht mit mir, aber sie ließen mich in Ruhe.
»Hast du nicht gehört, was passiert ist?« antwortete Caleb. Er war einer von den Neutralen. »Er wurde beim Beschmieren von Schließfächern erwischt, ist für den Rest der Woche suspendiert.«
Ryan machte eine Grimasse, schnappte seinen Rucksack und rempelte mich mit Absicht an, als er zur Tür ging. »Pass auf wo du stehst«, zischte er, bevor er weiterging. Ich reagierte nicht auf ihn; es würde nur noch mehr Probleme verursachen.
Meine Gedanken kehrten zu Parker zurück. »Was für ein Idiot«, dachte ich mir, während ich den Klassenraum verließ. »Hoffentlich hat er eine richtige Sauerei mit Edding gemacht und muss es selber wieder entfernen.«
Das bedeutete eine ganze Woche ohne Parker. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Meine Eltern waren noch bis Mittwoch auf einer Geschäftsreise, es konnte also gar nicht besser werden. Na ja, außer Philip. Wenn meine Eltern verreist waren, nervte er sogar noch mehr als sonst. Ich versuchte, ihn so gut ich konnte zu ignorieren. Ohne meine Eltern und Parker verging die Zeit wie im Flug und ehe ich mich versah, war es Mittwoch.
Es war Punkt drei Uhr, als ich beim Freibad ankam. Ich checkte mein Handy und sah, dass ich eine neue Nachricht hatte: Wir kommen ein bisschen später, nur dass du Bescheid weißt. - Ethan
Ich entschied mich, vor dem Freibad auf ihn, und wer auch immer sonst noch mit wir gemeint war, zu warten. Also schloss ich mein Fahrrad an den Zaun an und lehnte mich gegen die Mauer neben dem Eingang. Nach ungefähr einer Viertelstunde erschien Ethan zusammen mit einem anderen Jungen. Ethan schloss sein Fahrrad neben meinem an und kam zu mir herüber. Der andere Junge, der ihn begleitete, nahm sich Zeit mit seinem Rad und schlenderte dann gemächlich zu uns.
»Hey, schön dich wiederzusehen, Josh«, sagte Ethan, als er meine Hand schüttelte.
»Hey Ethan«, antwortete ich schüchtern.
Mein Blick fiel auf den Typen hinter ihm. Meine Eltern wären nicht damit einverstanden gewesen, dass ich mit jemandem wie ihm herumlief. Seine Klamotten sahen so aus, als wären sie über mehrere Geschwister weitergereicht worden; seine Jeans hatten Flicken und waren ausgewaschen. Er sah nicht obdachlos oder ungepflegt aus, aber es war offensichtlich, dass seine Familie nicht genug Geld hatte. Ethan trug zwar keine Designerklamotten, aber seine Sachen waren trotzdem gut und neu genug, dass es keinen zu großen Unterschied zwischen uns machte. Sein Freund allerdings, der kam von einer ganz anderen Welt.
Als ich zu seinem Gesicht aufschaute, blinzelte ich ungläubig. Ich hätte genauso gut in einen Spiegel schauen können. Seine Augen hatten die gleiche blassgrüne Farbe wie meine und unsere Münder und Nasen waren ebenfalls identisch. Seine Haare waren etwas länger als meine, aber hatten dieselbe Farbe und waren, genau wie meine, leicht strubbelig. Er starrte mich mit demselben überraschten Gesichtsausdruck an, den ich gehabt haben musste. Es war irgendwie unwirklich, beinahe wie ein Traum.
»Hey, ähm, ich bin Josh, aber meine Freunde nennen mich J«, stammelte ich vor mich hin.
»Ähm… ja…«, fing er an. »Ich bin Jacob, aber meine Freunde nennen mich auch J.« Er war das also gestern! Wie hatte ich ihn bloß übersehen können? Ich war anscheinend wirklich sehr auf Ethan fixiert gewesen.
»Wir sehen irgendwie gleich aus«, platzte ich mit dem Offensichtlichen heraus.
»Jap. Fühlt sich irgendwie komisch an, nicht?« Jacob schien sich endlich vom ersten Schock erholt zu haben und wirkte amüsiert.
Ethan stand neben uns und beobachtete uns schelmisch. »Hab doch gesagt, dass ich eine Überraschung habe. Denkst du, das war es wert, heute mitzukommen?«
»Jaja, du zahlst trotzdem für mich; ändert nichts dran, dass ich pleite bin«, winkte Jacob ab.
Wir kauften uns Eintrittskarten und zogen uns um. Als wir aus den Umkleidekabinen kamen und Richtung Schwimmbecken gingen, waren die vorherigen Unterschiede zusammen mit unseren Klamotten und dem Status, den sie symbolisierten, verschwunden. Es war gruselig, wie gleich wir aussahen, wenn wir nur in Badehose waren.
Ich bemerkte, dass er ein paar mehr Muskeln als ich hatte. Dafür war ich etwas größer, vielleicht ein oder zwei Zentimeter, wie Ethan uns mitteilte, als er uns befahl, uns Rücken an Rücken zu stellen. Und Jacob war genauso blass wie ich.
»Ihr geht sogar gleich«, merkte Ethan an, als er uns von der Seite aus betrachtete. Wir drehten uns mit genau der gleichen Bewegung, wie Spiegelbilder, zueinander, um zu überprüfen, ob er Recht hatte, woraufhin wir lachen mussten.
»Wo ist der Rest von den Leuten, mit denen ihr letztes Wochenende hier wart?« fragte ich, während wir uns auf den Rasen setzten.
»Die kommen heute nicht«, informierte Ethan mich. »Wir hängen hier nur an Wochenenden ab. Ehrlich gesagt habe ich dieses Treffen nur organisiert, damit ihr beide euch seht.« Er grinste uns an.
»Wo wir gerade davon sprechen«, fing Jacob an. »Wir sind uns zu ähnlich für einen Zufall. Zumindest denke ich das. Sind wir vielleicht verwandt? Was ist dein Nachname? Vielleicht sind wir Cousins oder so?«
»Mein Nachname ist Adams, aber ich glaube nicht, dass ich irgendwelche Cousins habe, die ich nicht kenne«, antwortete ich. »Und definitiv keine, die aus einer armen Familie kommen«, fügte ich in Gedanken hinzu. Ich meinte das gar nicht negativ, aber sagte es trotzdem nicht, weil es in jedem Fall beleidigend herüberkommen würde, egal wie ich es meinte.
Ich dachte darüber nach, ob wir verwandt sein könnten, aber es passte einfach nicht. Die wenigen Verwandten, die wir hatten, waren allesamt stinkreich. Meine Familie war auf beiden Seiten seit Generationen wohlhabend und mein Vater war ein Einzelkind, während meine Mutter nur eine Schwester hatte.
»Meiner ist Baker, ich habe viele Verwandte, also keine Ahnung«, sagte er. »Ich schätze ich werde einfach heute Abend meine Mutter fragen müssen.«
»Vielleicht bist du ja sein Klon«, witzelte Ethan.
»Ja genau«, kommentierte Jacob trocken.
Wir saßen noch etwas länger dort und schauten gedankenvoll in den Himmel. Nach einer Weile wurde Ethan unruhig. Er schien tatsächlich ein wenig hyperaktiv zu sein. »Lass ins Wasser gehen«, schlug er vor.
Wir gingen in den Nichtschwimmerbereich und fingen an, mit einem Ball zu spielen. Es entwickelte sich schnell zu einem Gerangel mit viel Untertauchen, gegenseitigem Werfen und Schubsen. Ethan war klasse. Er war kleiner als wir, was es einfach machte, ihn hochzuheben und dann zu werfen.
Ich genoss den Kontakt von nackter Haut auf nackter Haut. So etwas hatte ich nicht mehr gehabt, seit ich ein Kind war, und selbst damals nur wenig. Ich musste ein wenig Acht geben, weil ich immer wieder fühlte, wie sich ein gewisser Teil meines Körpers meldete. Wenn das passierte, glitt ich einfach unter Wasser und tat so, als ob ich versuchte ihnen zu entkommen, bis alles wieder entspannt war. Die Vorstellung von nackten, alten Omas half dabei sehr, wie jeder weiß.
Nach einer Weile im Wasser, waren wir total erledigt und gingen zurück zu unseren Handtüchern, um uns auszuruhen. Jacob legte sich links neben mich und Ethan ließ sich auf meiner anderen Seite nieder. Ich schloss meine Augen und genoss die Sonne und den Moment. Ich war beinahe weggedöst, als plötzlich eine weibliche Stimme hinter uns mich zurück ins Hier und Jetzt riss.
»Hey Jungs. Ethan, J, was geht?«
Ich setzte mich auf und drehte mich um. Hinter uns war ein hübsches Mädchen in unserem Alter. Sie hatte langes, blondes Haar und ein wunderschönes Gesicht. Ich war zwar schwul, aber das sah selbst ich. Sie schaute zuerst mich an, dann Jacob und dann wieder mich. »Wow! Das ist gruselig. J, hast du das Schullabor in die Luft gejagt und einen Klon von dir geschaffen?«
Jacob musste darüber lachen. »Nah, Ethan hat ihn gefunden. Sein Name ist Josh, aber du kannst ihn auch J nennen.«
Er grinste und drehte sich zu mir. »Das ist Sarah, sie ist eine Freundin von uns.«
»Schön dich kennen zu lernen, Sarah«, sagte ich schüchtern zu ihr und zwang mich, ihr in die Augen zu schauen, anstatt zu Boden. Ich verfluchte mich selbst dafür, dass ich immer so befangen war, wenn ich neue Leute traf.
»Hey Josh, das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite.« Sie lächelte mir freundlich zu. »Na ja, ich wollte eigentlich nur hallo sagen. Ich muss zurück, meiner kleinen Schwester das Schwimmen beibringen. Wir sehen uns morgen in der Schule.« Wir verabschiedeten uns und sie lief zurück zu ihrer Schwester, die am Schwimmbecken auf sie wartete.
Wir entschieden, dass wir für den Tag genug hatten. Es war schon spät und Philip hatte betont, ich solle unbedingt pünktlich zum Abendessenerscheinen, weil meine Eltern von ihrer Geschäftsreise zurückkämen. Jacob und ich tauschten Handynummern aus und er versprach mir, sofort Bescheid zu sagen, falls er Neuigkeiten über unsere mögliche Verwandtschaft oder irgendwelche anderen Ideen hatte.
Mein Vater schien keine allzu gute Geschäftsreise gehabt zu haben. Nachdem er das übliche Tischgebet gesprochen hatte, verfiel er in einen Monolog darüber, dass die Moral des Landes zerfiele. Es ging um irgendeine Gerichtsverhandlung über Schwulenrechte und er verstand nicht, wie die Richter auch nur für einen Moment erwägen konnten, zugunsten der Schwulen zu entscheiden.
Ich tat so, als hätte ich ihm zugehört und nickte ab und zu, während ich mit meinen Gedanken komplett woanders war.
Jacob. Warum sahen wir uns so ähnlich? Zufall? Das war eine einfache, aber nicht wahrscheinliche Erklärung. Mir war nicht allzu viel über meine Familie bekannt, aber eine Verbindung konnte ich da nicht sehen. Meine Tante lebte an der Westküste und ihre Kinder waren bereits erwachsen.
Ich ließ meiner Fantasie freien Lauf. Vielleicht war er der uneheliche Sohn meines Vaters. Vielleicht hatte er meine Mutter betrogen, während sie schwanger mit mir war, weil sie ihn nicht rangelassen hatte? Bei dem Gedanken musste ich grinsen. So religiös wie mein Vater war, schien es unwahrscheinlich, dass er überhaupt Sex hatte. Andererseits, waren nicht gerade die Religiösen die Schlimmsten?
»Das würde ihn zu meinem Halbbruder machen«, sinnierte ich. Der Gedanke war aufregend. Ich hatte mir schon immer gewünscht, einen Bruder zu haben. Jemand in meinem Alter, der mich verstand und der auf meiner Seite war, der für mich da war und für den ich da war. Seit ich ein kleiner Junge war, hatte ich viele Bücher verschlungen und jedes Mal, wenn ich etwas über Brüder und ihre Verbundenheit las, sehnte ich mich danach, auch einen zu haben.
Auf die Frage, warum ich keinen Bruder hatte, wechselten meine Eltern immer das Thema und ignorierten mich. Ich schaute meinen Vater an. Außer unserer Haarfarbe hatten wir nicht viel gemeinsam. Gar nichts eigentlich, realisierte ich.
Vielleicht hatten sie als wir Babys waren, einen Fehler im Krankenhaus gemacht? Ich hatte mal von so etwas in den Nachrichten gehört. Zwei Babys waren verwechselt und in die falschen Betten gelegt worden. Die Eltern hatten dann das falsche Kind mit nach Hause genommen und das Ganze wurde erst viel später bemerkt.
War das vielleicht, was passiert war? Der Gedanke, dass meine Eltern vielleicht gar nicht wirklich meine Eltern waren, versetzte mich in eine komische Stimmung. Einerseits würde dies die Welt, wie ich sie kannte, zerstören und wenn meine Eltern das herausfanden… wer weiß schon, was die tun würden? Andererseits war es ein sehr interessanter Gedanke, dass es vielleicht jemanden da draußen gab, mit dem ich verwandt war. Vielleicht jemand, der nicht so engstirnig und intolerant war, wie meine Eltern es waren.
Mit diesen Gedanken ging ich in mein Zimmer und verbrachte den Abend damit, über all das nachzudenken. Als ich kurz davor war, ins Bett zu gehen, sah ich, dass ich eine neue SMS hatte:
Hey Josh, ich bin’s, Jacob. Hast du morgen Nachmittag Zeit? Wir müssen reden. Lass im Stadtpark am großen Springbrunnen treffen, ab 3 Uhr, wann immer du kannst.