Die Herrschaft des Feuers

Du weisst doch, dass ich gute Geschichten mag.
Wenn ich mich recht erinnere, weiss ich von boypoint noch einigermassen das Ende, bevor dich eine Schreibblockade ereilt hat. Hat dann nicht jemand anderes für dich weitergeschrieben?
Ich kann mich allerdings nur noch ein bisschen an das Ende erinnern. Mittendrin weiss ich eigentlich nichts mehr, alsi lag ich hier wohl falsch mit meiner Vermutung, dass die beiden zusammen fliehen

1 „Gefällt mir“

Hehe, diese fünf Jahre andauernde Schreibblockade nannte sich Studium und fester Freund. :smiley: Ich habe die Geschichte hauptsächlich geschrieben, um irgendwie meine eigenen Gefühle und Sehnsüchte zu verarbeiten. Als ich dann hatte, wonach ich mich sehnte, war der Ansporn irgendwie nicht mehr so groß, weiter zu schreiben. Aber ich bin ja jetzt wieder dran. ^^

Jaa, Zuri, 2BD und ArokhsSohn haben ganz viel weiter geschrieben, aber in Form von begleitenden Geschichten. Irgendwann habe ich mehr Zeit damit verbracht, Kommentare zu beantworten, als wirklich an der Geschichte zu arbeiten. Irgendwann wurde es alles einfach zu lang und ich habs nicht mehr geschafft. Da kam die Geschichte leider zum Erliegen.

Ich habe die Geschichte auch lange schon nicht mehr gelesen und erinnere mich nicht mehr an alles. :smiley: Ich habe schon ein bisschen Angst davor, dass ein starker Bruch an der Stelle passiert, wo ich die Geschichte nach 8 Jahren wieder fortsetze. Ich bin inzwischen doch ein etwas anderer Mensch. Aber dafür mache ich ja den Warm-Up mit Hidden Sunlight und Wuschelkopf, damit ich wieder ein bisschen ins Schreiben komme. ^^

Ich freue mich jedes Mal über deine Kommentare! :slight_smile:

Kapitel 3 - Teil 12

Lionatras

Immerhin konnte ich mich damit trösten, dass ich demnächst so lange, wie ich nur wollte an so einer Stelle bleiben durfte, ohne wieder nach Hause zu müssen. Ich war frei! Das wurde mir in dem Moment endlich bewusst. Ein warmes Glücksgefühl konkurrierte in meinem Körper mit dumpfem, undefinierbarem Schmerz. Ich hüpfte träge über den schmalen Bach und ging über die Wiese zurück zum Weg. Wiesel trottete, noch immer ein wenig besorgt um mich und mich immer wieder ansehend, neben mir her.

Bereits nach wenigen Minuten erreichten wir Furgudas, wo allerdings kaum etwas los war. Trotzdem setzte ich vorsichtshalber meine Kapuze auf, um nicht erkannt zu werden. Ohne Zweifel würde man nach mir suchen, da käme es ungelegen, wenn man sofort den Prinzen auf dem Weg erkennen würde. Das Dorf bestand nur aus einer Handvoll Bauernhöfe, einer Mühle, die durch den Bach angetrieben wurde und einer kleinen Kapelle. Rundherum grasten Kühe friedlich auf den Wiesen und eine Hühnerfamilie stakste in einer Reihe über den Weg. Hier und dort hörte man ein Pferd wiehern oder ein Schaf blöken. Vor einem der Häuser saß eine ganze Truppe Menschen auf einfachen Holzbänken an einem grob geschnitzten Tisch und schauten mir verwundert nach.

So viel zu meiner Unauffälligkeit. Ein Junge mit einem Hund lief hier wohl nicht so oft durch die Lande. Sie riefen mir noch nach, dass ich doch lieber über Nacht im Dorf bleiben sollte. Der wilde Weg sei für kleine Mädchen wie mich nicht geeignet, es trieb sich wohl böses Gesindel in der Gegend herum. Ich dachte mir nur, dass das lüsterne Gesindel wohl dort vorne an dem Tisch saß, das gerne ein kleines Mädchen zum Abend hätte, ignorierte sie geflissentlich und ging schnurstracks weiter.

Das passierte mir häufiger. Dass ich für zu jung gehalten wurde. Oder dass ich für ein Mädchen gehalten wurde, wobei letzteres mich mehr wurmte. Ich sah lange nicht wie fünfzehn-einhalb aus. Ich war relativ klein, schmal und meine dunklen Locken fielen mir auch noch immer wieder in die Stirn. Ja, ich muss zugeben, bei einem flüchtigen Blick in der Dämmerung sehe ich einem Mädchen vielleicht nicht ganz unähnlich…

Nachdem ich Wiesel zurückgepfiffen hatte, der neugierig an einer angeketteten Hündin geschnuppert hatte, wandten sich die Leute wieder ihrem Bier zu und schienen mich vergessen zu haben. Ich verließ das Dorf auf dem schnellsten Wege und lief die Straße, die aus dem Dorf hinausführte, weiter hinab. Sie führte über Hügel und halb geerntete Felder hinweg, durch kleine Haine hindurch, an kleinen Birkenwäldern vorbei und über kleine Bäche. Die Vögel schnatterten um die Wette, als die Sonne letztendlich hinter die Wipfel sank, als ich ein größeres Waldstück betrat.

Bis jetzt hatte ich mir noch keine Gedanken um die Nacht gemacht, aber ich dachte mir, dass ich wohl etwas finden sollte, wo es sich schlafen ließe. Ich war trotzdem mittlerweile müde und erschöpft. Meine Beine und Füße taten mir weh. Ich war noch nie so weit gelaufen. Das Einzige, was mich jetzt noch vorwärtstrieb, war das Glück, endlich frei zu sein und das Bestreben, so viel Strecke zwischen mich und die Burg zu bringen, wie es nur eben möglich war und meiner Angst davon zu laufen. Angst vor ihm oder vor meiner eigenen Wahrheit?

Diese Frage schob ich erst einmal so weit wie möglich nach hinten in meine Gott sei Dank lange Liste an Dingen, die ich noch tun wollte.
Ich sah nach hinten, nach Osten, wo die Nacht den Himmel schon fast erobert hatte und schon die ersten Sterne zu sehen waren. Dort, weit in der Ferne, wo die Sonne noch die letzten Spitzen der Bäume berührte stieg eine Staubwolke auf. Ich kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können, aber ich konnte nichts Weiteres erkennen. Etwas beunruhigt schritt ich in den Wald und plötzlich umfasste mich Dunkelheit. Wiesel schwenkte ebenfalls beunruhigt den Kopf hin und her. Auch wenn es bei ihm wahrscheinlich eher an der Dunkelheit lag. Im Burghof, in dem er jede Nacht angekettet war, war es nie wirklich dunkel, er hatte so etwas also noch nie wirklich erlebt. Nach einigen Momenten hatten sich meine, wie anscheinend auch seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt.

Der Pfad war vor uns klar erkennbar und durch das lückenhafte Blätterdach schimmerte der rotblaue Himmel noch hindurch. So setzten wir unseren Weg auf dem gewundenen Pfad durch den Wald fort, allerdings schaute ich immer wieder nach hinten. Nun zog mich auch die Angst weiter vorwärts, denn ich hatte die leichte Befürchtung, dass es ein Suchtrupp sein könnte. Leider verhinderten die Biegungen des Weges, dass ich weit schauen konnte. Irgendwann führte der Pfad über eine weitläufige Lichtung, die ich so schnell wie möglich überquerte. Dann ging auf einmal alles ganz schnell.

Wiesel stieß ein freudiges quieken aus, als er bekannte Gerüche wahrnahm, ich hörte schnell näherkommendes Hufgeklapper, drehte mich um und erblickte einen Trupp Reiter, mit dem Banner von Silberfels gewappnet, der in vollem Galopp auf erschöpften Pferden auf die Lichtung gestürmt kam. Ich drehte mich im Laufen wieder um und stürmte so schnell ich konnte an das Lichtungsende und in das Unterholz, doch ich wusste, dass es bereits zu spät war und die Reiter mich gesehen hatten. Mist. Kaldes hatte wohl doch nicht dichtgehalten. Immer diese blöden Brüder. Aber das ließ sich jetzt auch nicht mehr ändern.

Nach gut fünfzig Metern, die ich mich durch das Unterholz gekämpft hatte, bemerkte ich, dass Wiesel gar nicht an meiner Seite war. Ich blieb stehen, des Risikos vollkommen bewusst, und schaute zurück. Hier, inmitten des Waldes, war es noch dunkler, so konnte ich den Pfad noch erkennen, der sich unter dem darüber liegenden lichten Laubdach hell abhob. Zwar war die Dämmerung schon so weit fortgeschritten, dass ich alles quasi nur noch in schwarzen Schemen sehen konnte, aber trotzdem konnte ich Wiesel noch erkennen, der immer noch unentschlossen auf dem Pfad stand und irritiert in beide Richtungen guckte. Schließlich setzte er sich in Bewegung und lief freudig hechelnd und Schwanz wedelnd auf die Reiter zu.

Ihn weglaufen zu sehen versetzte mir einen tiefen Stich, nicht so tief wie der Finn zu verlassen, aber dennoch schmerzhaft. Aber für Gefühle war jetzt keine Zeit. Sie würden mich sicher suchen. Ich drehte mich um und rannte so schnell ich konnte weiter hinein in die Dunkelheit. Dabei versuchte ich so wenige Geräusche wie möglich zu machen. Dass Wiesel zurückgeblieben war, gab den Reitern den sicheren Beweis, dass ich es war, der sich in den Wald geflüchtet hatte. Ich hörte noch, wie die Reiter sich lautstark berieten. Unter den vielen Stimmen konnte ich sogar die von Kaldes ausmachen. »Lio!« brüllte er in den Wald hinein. »Lio!« es klang verzweifelt. »Lio, komm raus! Wir können das alles klären!«

Nur allzu gerne wäre ich aus dem Wald hervorgekrochen und hätte mich an seine starke Brust gekuschelt, während er dafür gesorgt hätte, dass ich zurück in mein weiches Bett kam. Ein weiches Bett, dachte ich mir, wäre jetzt schon schön. Doch ich lief weiter, während mir Äste ins Gesicht peitschten und mir Dornenranken die Arme und Beine zerkratzten.

Hinter mir gingen Lichter an und Wiesel kläffte unsicher in den Wald hinein. Ich lief weiter. Ich konnte jetzt nicht stehen bleiben. Dann wäre es mit meiner Freiheit vorbei. »Lio! Jetzt Komm raus! Sei vernünftig. Zeig dich!« Das war Finn. Das war FINN?! Wie kam er denn hier her? Hatte Kaldes ihn eingeweiht? War er mit geritten und suchte mich jetzt? Ich strauchelte und prallte mit einem dumpfen Laut auf den harten Boden auf.

Ich hatte das Gefühl mir ernsthafte Gedanken machen zu müssen, ob ich eine gespaltene Persönlichkeit besaß. Die eine Hälfte zog es mit aller Macht zurück ins Bekannte, zurück zur Familie, zurück zu Finn. Doch die andere Hälfte riss wütend dagegen, zog mich raus in die Natur, ins Schöne, in den Nervenkitzel, weg von all den schlechten Dingen meines Lebens und der Hochzeit. Ich rollte ein Stöhnen unterdrückend auf dem Boden herum. Die Seiten konnten mich nicht zerreißen, ich musste mich für eine entscheiden. Das war mein Problem. Ich wollte alles. Aber ich konnte nicht alles haben. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Mein Körper signalisierte mir nur eines. Lauf. Er rappelte ich sich auf, Schaltete meinen Kopf einfach ab und rannte panisch weiter. Ich kam mir vor wie in einem Traum.

Heute hast du ja allerhand rausgehauen. Danke dafür.

Jetzt ist Lio also ganz auf sich alleine gestellt, ohne Wiesel. Da aber Paskoan am Ende ein Geräusch hört, kann ich mir gut vorstellen, dass dieses Geräusch von Lio verursacht wurde, und die beiden bald aufeinandertreffen. Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie es weitergeht.

2 „Gefällt mir“

Soo, jetzt geht es mit einer kleinen Verspätung weiter. War eine stressige Woche.

Na das wäre doch ein sehr glücklicher Zufall. :stuck_out_tongue: Danke wie immer für deinen Kommentar! :slight_smile:

ich weiss, du verrätst mal wieder nichts.

nein, ich danke dir, dass du dir immer wieder die Zeit nimmst, und hier Geschichten schreibst und dir auch ausdenkst.

Und schon wieder ein Cliffhanger der übelsten Sorte. Du verstehst es gut, es sehr spannend zu machen.
Jetzt weiss ich nicht, ob es wirklich ein Monster ist, was Lio hoffentlich überlebt, oder ob es vielleicht doch Paskoan ist?

1 „Gefällt mir“

Hihi, mit dem nächsten Teil kommt schon wieder der nächste Kippenhänger und deine Frage wird nicht beantwortet, das kommt erst im nächsten Teil. :stuck_out_tongue: böses Bösewichtlachen

naja, ein bisschen hast du es ja schon verraten, grins. aber ich bin trotzdem gespannt, ob ich richtig liege ich will natürlich nicht zuviel verraten, hehe

1 „Gefällt mir“

Dann gucken wir mal, ob du richtig liegst. :stuck_out_tongue:

Kapitel 3 - Teil 13

Lionatras

Die Lichter verteilten sich hinter mir und immer mehr Stimmen klangen durch den Wald. Sie suchten nach mir. Finn suchte mach mir. »Lio!« Jeder Schritt tat weh. Sowohl innerlich, als auch äußerlich, aber ich lief weiter, während es um mich herum immer dunkler wurde. Wabernder, kalter Nebel zog auf. »Lio…« hörte man nun von allen Seiten. Irgendwann erkannte ich gar nichts mehr und aus dem Rennen wurde mehr und mehr ein Stolpern über Stock und Stein.

Das Unterholz wurde immer dichter, der Boden immer unebener und felsiger und ich kam immer langsamer voran. Ich konnte den immer dichter stehenden Bäumen gerade noch ausweichen. Schwer atmend und schweißgebadet konzentrierte ich mich nur noch darauf einen Fuß vor den anderen zu setzen, während immer wieder unerwartet Äste aus dem Dunkel auftauchten und mir ins Gesicht klatschten.

»Lio…«. Die Stimmen hinter mir wurden leiser und auch die Lichter schienen weiter zurück zu bleiben. Panik keimte ich mir auf. Ich konnte nicht die eigene Hand vor Augen erkennen, versuchte trotzdem immer den Ästen auszuweichen, aber das funktionierte nicht. Immer wenn ich meinte vielleicht einen Ast vor mir zu haben duckte ich mich, aber dann war dort am Boden nur eine Ranke oder eine Wurzel, die sich um meinen Knöchel wickelte und der tiefhängende Ast schlug mir trotzdem ins Gesicht. Irgendwann gab ich es auf und lief einfach nur noch weiter, tief in mich selbst zurückgezogen, wo kein Schmerz mich mehr erreichen konnte.

Auf einmal waren die Lichter weg. Auch die Rufe schienen verklungen zu sein. Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren und wusste nicht mehr, wie lange ich schon so gelaufen war. Das Einzige, was ich noch hörte waren mein Keuchen und meine immer schwerer werdenden Schritte. Ich lief immer noch weiter.

Ich war so müde und so geschunden, dass ich wahrscheinlich auf der Stelle eingeschlafen wäre, hätte mich nicht irgendeine Kraft weiter nach vorne gezogen. Während ich so schwer atmend weiterlief, machte ich mir Gedanken um Kaldes. Er hatte den Brief gelesen und alles darangesetzt, mir zu folgen. Was, wenn er wirklich versucht hätte mich von der Hochzeit zu befreien? Was, wenn Finn mit mir ausgebrochen wäre? Doch ich vertrieb diese Gedanken schnell wieder. Ich war frei! Das rief ich mir immer wieder in den Kopf, doch es konnte mir nur noch ein müdes Lächeln entlocken. Ich hätte nicht gedacht, dass frei sein so anstrengend und so schmerzhaft sein konnte.

Auf einmal trat mein Fuß ins Leere. Ich stieß einen kurzen Schrei aus, als ich auf einmal von den Füßen gerissen wurde und einen steilen, mit spitzen Steinen übersäten Abhang hinabstürzte, mich mehrfach überschlug und schließlich in einen Bachlauf platschte. Das Wasser war eiskalt, aber ich blieb trotzdem mit dem Gesicht nach oben liegen. Der Schock verhinderte, dass ich mich bewegen konnte. Alles tat mir weh. Es war vielleicht auch ganz gut, dass es so dunkel war, dachte ich mir, so konnte ich immerhin nicht nachgucken wie zerschunden mein Körper war.

So lag ich dort im eiskalten Wasser, wusste nicht mehr wie viel Zeit vergangen war. Ich konnte mich nicht mehr dazu aufraffen irgendetwas zu bewegen. Über mir schimmerte ein Mond durch das Blätterdach und Leise kullerten ein paar Tränen von meiner Wange und vermischten sich mit dem im Mondlicht silbern schimmernden Wasser, das mein Gesicht umspülte. Wabernder Nebel legte sich um mich, zog in Schlieren um mich herum und schien mich sachte einzulullen und verschlucken zu wollen. So sollte es nicht enden.

Plötzlich erklang in der Ferne, aus der Richtung, aus der ich kam, ein unheimliches Geräusch. Es war weder ein Geheul, noch ein tiefes Knurren, sondern irgendetwas dazwischen. Rasende Angst packte mich und irgendein Urtrieb schaffte es doch noch, die letzten Energiereserven meines Körpers zu mobilisieren und ich richtete mich zitternd auf.

Jetzt war mir kalt. Umso mehr sehnte ich mich nach Kaldes warmer Umarmung oder zumindest der tierischen Wärme von Wiesel. Warum hatte Wiesel mich bloß verlassen? Ich dachte wir wären beste Freunde und er würde zu mir halten. Untreues Tier, dachte ich mir nur und biss die Zähne zusammen, als ich zitternd vor Kälte und Nässe aus dem Bachlauf stieg und mich an meinen aufgeschürften Händen an der Böschung hochziehen musste. Ich lief weiter in den Wald hinein, entgegen der Richtung, aus der das Geräusch kam. Es wiederholte sich und es klang jedes Mal näher.

Man erzählte sich viele Gruselgeschichten über den Wald, dass dort jedes Lebewesen, das es gibt, dich umbringen und verspeisen will. Vielleicht war an ihnen ja doch etwas dran. Überall um mich herum knackte es in den Büschen und mein Kopf zuckte hin und her, doch es war vergeblich, denn ich konnte nie etwas in der Düsternis erkennen. Die Vögel waren längst verstummt, sie hatten sich alle in ihre warmen, sicheren Nester verkrochen und der Himmel war unter dem dichten Blätterdach nicht zu sehen. Mir fiel auf, dass die Bäume hier noch viel mehr Blätter zu haben schienen, als in den kleinen Hainen, die ich auf dem Weg gesehen hatte. Es war bitterkalt und es schien von Minute zu Minute kälter zu werden.

Auf einmal erklang ein lautes Knacken direkt hinter mir, genau auf der Stelle, auf der ich eben noch gestanden hatte. Mein Kopf ruckte hin und her, doch in konnte in der absoluten Dunkelheit nichts erkennen. Der Mond, der eben noch durch das Blätterdach geschienen hatte war nunmehr verschwunden und spendete kein Licht mehr. Leichte Schritte auf dem Laub entfernten sich, kamen wieder näher. Plötzlich raschelte es direkt vor mir und wieder waren es leise Schritte, die sich entfernten. Ich bekam es mit der Angst zu tun. Das Heulen war nun schon länger nicht mehr erklungen, aber wer weiß, was das hier war? Ich suchte weiter, nach irgendetwas, was ich sehen konnte, doch da war nichts. Obwohl? Bildete ich mir das nur ein oder sah ich pulsierende, durch die Gegend schwirrende Lichtflecken? Sie waren nur gerade eben erkennbar und nichts deutete darauf hin, dass ich sie wirklich sah.

Das Rascheln, knacken und tapsen um mich herum wurde immer lauter, kam aus allen Richtungen und ich bekam Panik. Ein kalter Schauer lief mir den Rücken herab und mein Herz klopfte wie wild. Ich wollte nicht gefressen werden und so begann ich zu rennen, wie ich noch nie in meinem Leben gerannt bin. Ich rannte um mein Leben. Auf einmal sah ich zwei riesige, reflektierende Augen vor mir auf dem Weg, die auf einmal verschwunden waren und direkt hinter mir erklang ein animalisches Knurren.

Ich rannte noch schneller. Die herumflitzenden Lichtpunkte wurden immer heller und größer. Ich schien sie mir doch nicht einzubilden, denn bald konnte ich erste Formen erkennen. Ein allumfassendes Geheul erklang um mich herum. Ich sah mich immer noch voller Angst im vollen Lauf um. In einem Moment war hinter mir ein verdammt großer schwarzer Schemen, im nächsten Moment war er weg. Immer mehr Schemen blitzten auf, verschwanden, immer mehr Geraschel und Knacken erklang, immer lauter wurde das Knurren und es kam immer näher. Ich hatte so viel Angst. Ich wollte nicht sterben. Die Menschen hatten recht gehabt zu sagen, dass der Wald nichts für mich ist. Das ist also Freiheit.

Ich rannte weiter fast blind durch den Wald, die Panik und allumfassende Angst war das Einzige, was ich in diesem Moment spürte. Renn. Renn. Renn.

Direkt hinter mir raschelte es wieder und ich riss den Kopf herum, um zumindest zu sehen, was mich verschlingen würden. Doch da war nichts.

Als ich den Kopf wieder umdrehte kam plötzlich aus dem Nichts ein riesiger schwarzer Schemen hervorgeschossen, krachte in mich hinein und alles um mich herum wurde schwarz.

Kapitel 4 - Teil 1

Lionatras

Mit einem pochenden Schädel kam ich langsam zu mir. Das erste, was mir auffiel, bevor ich die Augen aufschlug war, dass mir alles weh tat. Mir war innerlich eiskalt, aber von außen schien mich eine glühende Wärme zu umfassen. Ich hörte um mich herum ein leichtes prasseln und ein heller Lichtschimmer schien durch meine geschlossenen Augenlieder. Irgendwo in weiter Ferne flüsterte etwas. Es konnte aber genau so gut der Wind in den Bäumen gewesen sein, der außerhalb des Balkons die Blätter zum rascheln gebracht hatte. Neben mir erklangen die ruhigen Atemzüge von jemand schlafenden. Es roch…vertraut aber irgendwie auch fremd. Mit einem Ruck setzte ich mich auf und schlug die Augen auf. Doch bevor ich irgendetwas sehen konnte, wurde mir schwindelig und ich sackte mit einem lauten Rascheln wieder zurück auf mein Bett. Ich war Zuhause, kam mir in den Sinn, als mir nach und nach wieder einfiel, was geschehen war. Ich konnte also beruhigt liegen bleiben. Mein Kopf pochte jetzt wieder stärker und der Schmerz schnitt mir mit glühenden Fingern ins Gehirn. Mit viel Mühe gelang es mir den rechten Arm zu heben und mir an die Stirn zu fühlen, doch was ich fühlte überraschte mich so sehr, dass mich doch dazu entschied meine schweren Augenlieder zu öffnen: Ich hatte einen Verband aus Moos und Ranken um den Kopf gewickelt. Als ich langsam und mühsam die Augen öffnete sah ich etwas, das mich noch mehr irritierte, als der Moosverband.

Als sich mein Blick langsam klärte schaute ich an eine erdige Decke, die leicht bröckelig und durch und durch mit Wurzeln durchzogen war. Ein prasselndes Lagerfeuer brannte neben mir, warf seinen hellen flackernden Schein in die Höhle, in der ich mich befand und großzügig seine Wärme verteilte. Ich schaute mich um und sah, dass das Schnarchen neben mir, von einem monströsen, schwarzen Wolf kam. Ich sah ihn erst benommen an, aber dann riss ich vor Erschrecken die Augen auf, als ich realisierte was da neben mir lag. Reflexartig drückte ich mich an die Wand und schob mich so schnell es mit meinem kaputten Körper ging in die hinterste Ecke der Höhle. Ich schien dabei irgend etwas umgeschmissen zu haben, auf jeden Fall erklang ein lautes Poltern und die Bestie öffnete ruckartig die Augen. Ich verharrte und sah ihn nur voller Respekt an. Der Wolf drehte den Kopf zu mir, schaute mich aus friedlichen Augen an, legte seinen riesigen Kopf wieder zwischen seine Vorderbeine und schloss die Augen. Bereits wenige Momente später erfüllte wieder ein friedliches Schnarchen die Höhle.

Wie ich da so dich an die erdige Wand gedrückt saß fielen mir nach und nach immer mehr Details ins Auge. Ich habe nicht auf einem Bett gelegen, sondern auf einem Haufen von trockenen Blättern, die ich teilweise noch nie gesehen hatte. Oben in der Höhle war ein kleines Loch, durch das der Rauch abziehen konnte. Durch den Rauch hindurch sah ich, neben Laub, Wurzeln und einigem anderen verwelkenden Grünzeug, ein kleines Stückchen blauen Himmel hervor blitzen. Es war also schon wieder Tag? Was war passiert und wie war ich hier hingekommen? Ich lebte noch und war nicht gefressen worden, so viel stand fest. Verwirrt sah ich mich weiter um. Gegenüber von mir, auf der anderen Seite des Wolfes machte die Höhle einen Knick, hinter dem der Eingang liegen musste, den ich aber nicht sehen konnte. Scheinbar hatte das Poltern nicht nur den Wolf geweckt, jedenfalls kam etwas um die Ecke, mit dem ich am wenigsten gerechnet hatte.

1 „Gefällt mir“

Endlich sind sie sich begegnet. Vielen Dank für diesen neuen Teil

1 „Gefällt mir“

Kapitel 4 - Teil 2

Lionatras

Es war ein Junge, ungefähr in meinem Alter. Er sah wild aus, hatte mittellanges Haar von undefinierbarer Farbe, das ihm zottelig fast bis in die Augen hing. Es war ziemlich verfilzt und überall steckten kleine Äste und Blätter darin. Allgemein war er ziemlich verdreckt und trug nur eine unter den Knien zerfetzte Leinenhose, allerdings hatte er sich, wie es aussah, aus Ranken und Blättern ein Oberteil gebastelt, das seine blasse Brust zum Teil bedeckte. Aus all dem Dreck stachen zwei leicht schräg stehende, große, eisblaue Augen heftig heraus. Er war zwar ziemlich schlank, aber sehr kräftig. Er kam auf keinen Fall aus einem der Dörfer in der Umgebung. Das sah man ihm auf den ersten Blick an. Die anderen verwahrlosten Kinder, die man sonst so sah, sahen ganz anders aus. Er blieb stehen und fixierte mich mit seinen stechenden Augen. Hinter ihm schoben sich noch vier andere Ungetüme von Wölfen um die Ecke und schauten mich aus neugierigen, aber hungrigen, schwarzen Augen an.

Ich drückte mich noch fester an die Wand und begann zu zittern. Also war es wahr was man sich immer erzählte? Es wimmelte im Wald von kannibalischen Barbaren, die mit unschuldigen Kindern noch Schlimmeres anstellten? Mein Kopf begann zu rattern, als sich all die neuen Fragen auftaten, wobei das immerwährende Pochen in meinem Kopf nicht zur Besserung beitrug. Schließlich begann ich zu reden, was ich immer tat, wenn ich Angst hatte und jemand da war, der mir zuhören konnte. »Wo bin ich? Wer bist du? Wie bin ich hierhergekommen? Wie konnte das passieren? Warum bist du hier? Weshalb lebe ich noch? Wirst du mich töten? Wirst du mich essen? Wie es die Barbaren im Wald immer zu tun pflegen?« Irgendwann gingen mir die Fragen aus, während ich mich weiter in eine dunklere Ecke schob und ihn nur noch ansah. Auch er sah mich lange an und verzog angestrengt das Gesicht. »Kannst du nicht sprechen wie jeder andere Mensch auch? Ist das normal unter Barbaren?« Irgendwann öffnete er den Mund und fing schleppend an zu sprechen. Erst klang seine Stimme brüchig, doch nach einigen Sekunden kam eine tiefe, schöne Stimme zum Vorschein. »Du bist bei mir Zuhause. Ich bin Koan.« Er sprach langsam und machte nach jedem Satz eine Pause, in der er zu überlegen schien, was er sagen sollte. »Wer bist du?« Er hatte einen komischen Akzent, den ich noch nie gehört hatte, und das obwohl sich in Silberfels alle Akzente der ganzen Königreiche trafen. »Lio.« sagte ich zögernd. Ich wusste nicht wie viel ich von mir freigeben konnte, ohne dass sich meine Überlebenschance drastisch verringerte.

Er schien einen Moment lang stark zu überlegen, vermutlich welche Fragen ich noch gestellt hatte. Leicht belustigt sagte er; »Du bist gegen einen…Ast gelaufen. Er…hing tief. Und war…dick.« Immer wieder stockte er und suchte nach passenden Worten. Dabei gestikulierte er stark und verzog grimmig das Gesicht, wenn es ihm nicht einfiel. »Dabei hast du…« er hielt frustriert inne und zeigte mit seiner Hand auf seinen Kopf. Daher kamen also die heftigen Kopfschmerzen. Aber warum hatte er mich verfolgt? Das fragte ich ihn dann auch laut. »Wir waren…neugierig. Es…macht nicht jeden Tag…jemand so viel Lärm…im Wald. Du wurdest…gerufen…und hast geschrien. Wir dachten…du könntest…Hilfe…brauchen.«

Er schaute frustriert über seine eindeutig eingerostete Sprache in der Gegend herum und dann intensiv in das hell lodernde Feuer. »Ich war nicht laut!« Empörte ich mich. Ich war schließlich so leise ich konnte gelaufen. »Und wer sind „wir“?« Er zeigte mit einer ausholenden Bewegung auf die riesigen schwarzen Wölfe hinter ihm, die mich immer noch unentwegt ansahen. »Das sind meine besten…Freunde. Und…ich esse dich nicht. Ich bin…esse kein Fleisch. Und sie dich auch nicht. Ich pass auf.« So ganz wollte ich ihm aber doch nicht glauben. Immer noch skeptisch sah ich ihn und die Wölfe an, aber schließlich löste sich meine Anspannung etwas, ich setzte mich hin und schaute an mir herab. Der Anblick konnte sich allerdings sehen lassen. Ich war von oben bis unten zerschrammt, unzählige verkrustete Schürfwunden und Kratzer verteilten sich über alles Sichtbare und mein Reisemantel hing in Fetzen an mir herab. Überall steckten kleinere Äste und Blätter in der ehemals so weichen Wolle. Ich kam mir irgendwie entblößt vor und die Gewissheit, dass er mich schon so gesehen hatte, als ich noch ohnmächtig war gefiel mir gar nicht. Ich zog die Knie an und machte mich so klein es ging.

Auch er setzte sich und sah mich weiter unentwegt an. Ein Wolf krabbelte zu seiner Rechten unter seinen Arm und stupste ihn an. Das kannte ich auch von Wiesel, dachte ich mir erfreut. Er machte das immer, wenn er gestreichelt werden wollte. So sah ich Koan, oder wie auch immer er hieß, schließlich war das ein ziemlich komischer Name, zum ersten Mal lächeln, als er den Wolf ansah, liebevoll seinen Arm um den Wolf legte und ihn begann zu streicheln. Die drei anderen Wölfe taten es ihrem Artgenossen nach und kuschelten sich eng an ihn. Einzig der, der vorher schon da gewesen war, blieb liegen und sah den Jungen sehnsüchtig an.

»Wie bin ich hierhergekommen?« fragte ich ihn schließlich. Wie aus einem Traum gerissen zuckte er zusammen und sah mich wieder an. »Ich hab dich getragen.« sagte er überrascht. »Wie…solltest du sonst hergekommen sein?« Recht hatte er, auch wenn die Vorstellung, dass er mich getragen hatte, wie weit auch immer das gewesen sein mag, noch weniger behagte. Ich hätte es ihm gar nicht zugetraut, dass er so stark war, obwohl sich bei genauerem hinsehen doch einige drahtige Muskeln auf seiner blassen Haut abzeichneten.

Als ich mich dabei ertappte sah ich schnell weg und fragte stattdessen »Wo kommst du denn her? Aus einem Dorf in der Nähe?« »Nicht…von hier.« antwortete er ausweichend und wendete den Blick ab. Was hatte er denn zu verbergen? Dieser Junge kam mir reichlich merkwürdig vor. Ich wollte gerade noch genauer darauf eingehen, als auf einmal ein winziges, leicht leuchtendes Wesen hinter ihm um die Ecke geflattert kam. Sofort vergaß ich, was ich eben noch sagen wollte und sah es mit offenstehendem Mund an. Das musste eine Fee sein, dachte ich mir. Sie sah leicht verschlafen aus und flatterte auf Koan zu und schien mich nicht zu bemerken. Koan meinen verblüfften Blick aber sehr wohl und er drehte sich um. Die kleine Fee zwitscherte ihn an und er antwortete in einer mir vollkommen unbekannten Sprache. Es hörte sich an, wie eine Mischung aus Summ-, Schnalz- und Pfeiftönen. Fasziniert sah ich zu. Die Fee schien ihn allerdings zu meiner Überraschung zu verstehen und sah mich nun hellwach an. Ich musste ziemlich perplex geguckt haben, denn das kleine Wesen begann zu kichern, wuschelte Koan noch einmal durch die Haare und verschwand eilig und laut zwitschernd aus der Höhle. Er sah ihr lächelnd nach und wandte sich dann wieder mir zu. »Wo kommst du her?« fragte er schließlich aus echtem Interesse. »Das könnte eine lange Geschichte werden.« warnte ich ihn vor, doch er zuckte nur mit den Schultern und ich begann zu reden.

Kapitel 4 - Teil 3

Lionatras

Ich erzählte ihm alles, was bisher passiert war. Von meiner Geburt an, über die Missstände mit meinen Brüdern, die Hochzeit und wie ich in den Wald gekommen war. Ich machte mir nun keine Gedanken mehr darüber, ob ich ihm alles erzählen sollte oder nicht, denn es tat gut, sich einmal alles vom Herzen zu reden. Er hörte aufmerksam zu und viele meiner Gefühle zeichneten sich in seinem Gesicht ab, als ich davon erzählte. Ich konnte gar nicht mehr aufhören zu erzählen. Mein Kopf zwickte nur noch ein wenig. Ich konnte den Lauf der Sonne durch das schmale Loch in der Decke erahnen. Der Tag neigte sich mehr und mehr seinem Ende zu und es wurde dunkel. Irgendwann machte er etwas zu essen, signalisierte mir aber, dass ich ruhig weiterreden könne. Er briet etwas wie bläulich schimmernde Wurzeln und rote Beeren im Feuer, zermanschte es zu einem lila Brei und bot mir etwas davon an. Es sah komisch aus und roch merkwürdig. Ich lehnte dankend ab und meinte, dass ich noch genug zu essen in meiner Tasche hätte. Ich sprang auf. »Meine Tasche!« erst jetzt fiel mir auf, dass sie nicht bei mir war, sondern wahrscheinlich noch irgendwo draußen lag. »Warum hast du sie nicht mitgebracht?« brauste ich ihn etwas schärfer als gedacht an und er zuckte zusammen. Unverständnis füllte seinen Blick »Ich hab keine…Tasche gesehen.« bekundete er schmollend. Er fühlte sich offensichtlich ungerecht von mir behandelt. Ich machte Anstalten die Höhle zu verlassen um sie zu suchen, die mein Kopf allerdings sofort mit heftigem Pochen und Schwindel quittierte. Ich musste mich auf meinen Händen abstützen, um nicht umzukippen, während sich mein Sichtfeld einengte. Das war nicht gut. »Nicht jetzt suchen. Ist zu dunkel. Paar Geschichten über Wald wahr. Morgen suchen.« Widerstrebend setzte ich mich zurück auf meinen Platz, während sich mein Kopf wieder beruhigte. Sein Essen rührte ich trotzdem nicht an und redete weiter.

Lange Zeit später endete ich meine Geschichte und musste zugeben, dass ich nun doch ein wenig Heimweh hatte. Ich sehnte mich nach einer warmen Umarmung, einem guten Essen und einem weichen Bett. Doch ich bemerkte, dass Koan und alle bis auf einen Wolf eingeschlafen waren. Er sah so friedlich und klein aus, wenn er schlief. Er hatte sich zu einer schmalen Kugel zusammengerollt und seine „Freunde“ drückten sich schnarchend eng an ihn und wärmten ihn. Sein Gesicht sah so glücklich und wohlig aus, dass ich mir in diesem Moment umso mehr die Gegenwart von Wiesel wünschte. Ich sah den einzigen wachen Wolf in der Höhle an und er sah aus wachen Augen zurück. Mittlerweile hatte ich ein wenig die Angst vor diesen Tieren verloren und das Fell sah so weich und flauschig aus. Ich stand schwankend auf und ging zu ihm, wie ich sonst immer auf Wiesel zugegangen bin, der mich dann Schwanz wedelnd empfangen hatte. Als ich mich näherte sträubte sich das Fell des Wolfes, er zog die Lefzen hoch, entblößte seine scharfen, langen Eckzähne und knurrte mich warnend an. Er bewegte sich keinen Fleck von Koans Seite. Geschockt stolperte ich einige Schritte rückwärts und setzte mich auf meinen Hosenboden. So rollte ich mich einsam und frierend ein und weinte mich zitternd in den Schlaf. Allein und weit weg von allem Bekannten. Das ist Freiheit. Während ich langsam einschlief hörte ich nur noch das warme prasseln des Feuers und in weiter Ferne Stimmen, die nach mir riefen, doch dem maß ich keine Bedeutung mehr zu, es könnte genau so gut schon im Traum gewesen sein. So schlief ich ein.

Hoffentlich sind die Wölfe nicht hinderlich daran, wenn sich die beiden näher kommen. Ansonsten sieht es so aus, dass sich die beiden doch ein bisschen näher kommen.

2 „Gefällt mir“

Hey @Einfachnurich, danke für die viele Geduld! Jetzt kommt der nächste Teil.

Die Wölfe sind riesig und furchteinflößend, aber sie hören auch auf das, was Koan sagt. :slight_smile:

Kapitel 5 - Teil 1

Paskoan

Ich wachte auf, als eine warme Zunge über meine linke Wange schleckte und schreckte auf. Das hatte irgendeine Erinnerung wachgerufen, doch ich konnte mich schon jetzt nicht mehr daran erinnern, was es war. Es war auf jeden Fall ein schönes Gefühl gewesen. Aber die Zunge stammte, wie ich nun bemerkte, von einem meiner Wolfsbrüder. Ich setzte mich auf und rieb meine rechte Wange. Mit ihr hatte ich scheinbar die ganze Nacht auf dem Boden gelegen und nun hatten sich etliche kleine Steinchen darin eingedrückt, die nun herunter rieselten und tiefe Abdrücke hinterließen. Ich kraulte das weiche Fell meines Bruders, während um mich herum alles erwachte. Ich wurde mir wieder der Gegenwart dieses komischen Jungen bewusst und schaute ihn an. Ich erinnerte mich an gestern Abend. Er hatte eine Menge zu erzählen gehabt und ich dachte, er würde nie enden. Trotzdem war es spannend einmal das normale Leben eines normalen Menschen kennenzulernen und ich fand es schade, dass ich schon eingeschlafen war, bevor er geendet hatte. Er zitterte im Schlaf und verzog das Gesicht. Er schien es wohl nicht gewöhnt zu sein hier zu schlafen. Von außen schimmerten die ersten Sonnenstrahlen in die Höhle, schienen aber noch keine Kraft zu haben und wärmten nicht. Die letzten Vögel, die noch nicht gen Süden gezogen waren, fingen an zu zwitschern und dichter Nebel zog in Bahnen durch das Unterholz. Es roch bereits stärker nach Winter und es war eiskalt. Es schien heute Nacht den ersten Frost gegeben zu haben. Meine restlichen Brüder regten sich nach einiger Zeit und ich begrüßte jeden einzelnen mit einer innigen Umarmung. Sie drückten sich im Gegenzug noch enger an mich. Ich gab ihnen zu verstehen, dass sie hier in der Höhle bleiben sollten, um auf Lio aufzupassen. Sie schienen zu verstehen und wedelten zur Bestätigung mit dem Schwanz. Auf einmal fiel mir wieder ein, dass er gestern seine Tasche suchen wollte. Vermutlich war damit der Lederbeutel mit den komischen Riemen gemeint. Ich hatte ihn dagelassen, weil es zu schwer geworden wäre, sie beide zu tragen. Das war schon nicht einfach gewesen, zumal Lio bestimmt mehr wog als ich. Ich beschloss die Tasche nach dem Morgensport suchen zu gehen und lief hinaus in die Kälte. Die dünne Eisschicht auf dem kleinen See, der in der Morgensonne orangegolden angeleuchtet wurde, bestätigte meine Vermutung.
Nachdem ich meine Runde durch den Wald, den Wasserfall, die Schlucht und auch über die Lichtung gedreht hatte, machte ich mich erschöpft auf die Suche nach der Tasche.
Die Kontrolle über meine Fähigkeiten zu behalten, war heute schwer gewesen. In meinem Kopf spielte sich ein ziemliches Chaos ab. Ich hatte sehr lange Zeit lang keinen Menschen mehr so nah gesehen. Mindestens zwölf Winter sind seitdem vergangen. Ich konnte nicht beschreiben, was ich fühlte. Es war vollkommen neu. So stand ich auf der Lichtung und versuchte, die Kräfte zu rufen. Sie kamen zwar, doch ich konnte sie nicht in die Richtung lenken, in die ich sie lenken wollte. Als ich ein Grasbüschel entzünden wollte, fing der auf einmal an hellgrün zu sprießen und zu blühen. Auch das war mir neu. Ich hatte zwar sofort versucht, die Kraft zurück zu rufen, sobald ich bemerkte, dass es in die falsche Richtung ging, aber trotzdem stand auf der Lichtung nachher ein mehrerer Schritte breiter Kreis, in dem hüfthohes, hellgrünes Gras stand und bunt blühende Blumen aus verschiedensten Jahreszeiten das ganze zierten. Merkwürdig. War etwa das ganze Training über die Jahre hinweg umsonst gewesen?

1 „Gefällt mir“

Es ist eine wunderbare Geschichte, die ich noch von boypoint her kenne. Leider brach sie dort an einem spannenden Moment ab. Nun erscheint „Die Herrschaft des Feuers“ hier wieder neu. Inständig hoffe ich das Iroc diesmal nicht die Luft ausgeht. Die Idee mit den Feen, die fröhlich kichern, und durch den Wald flattern finde ich so schön. Davon hätte ich auch gerne ein paar.
Bitte, Iroc, bleib dran. Ich habe mich gerade an einen Wolf in weiche Fell gekuschelt und warte auf die Fortsetzung…

1 „Gefällt mir“

Hi BarkingFrog, danke für deinen lieben Kommentar! Ich freue mich, dass die Geschichte hier scheinbar doch noch gelesen wird, als Dankeschön gibt’s dann jetzt endlich mal den nächsten Teil! Ich möchte die Geschichte irgendwann definitiv fertigstellen, aber derzeit habe ich ehrlich gesagt keinen festen Zeitplan, wann das geschehen soll.

Kapitel 5 - Teil 2

Paskoan

Ich striff einige Minuten weiter durch den Wald, wobei ich die Umgebung weiterhin gründlich im Auge behielt. Irgendwann war ich an der Stelle angelangt, an der ich Lio gefunden hatte. Seinen Namen, überhaupt einen Namen, auszusprechen, und sei es nur in Gedanken, war seltsam für mich. Ich stand einen Moment Zähne knirschend auf der Stelle, während ich mich umsah. Man sah noch genau, wo Lio mit der Stirn gegen den Ast gekracht war, wo er hingefallen war und dass er in jedem Fall etwas auf dem Rücken gehabt hatte. Man sah sogar noch die Druckstelle im weichen Laub, an der die Tasche gestanden hatte, als ich sie zur Seite gelegt hatte, um Lio zu tragen. Von dort aus führte eine Schleifspur in Richtung Bach, die Richtung aus der Lio gekommen war. Stirnrunzelnd sah ich auf die Schneise, die er durch den Wald geschlagen hatte. Auf diesem Weg waren alle dünneren Äste abgebrochen, alle Dornenranken und Kräuter waren platt getreten oder ausgerissen, fast alle Wurzeln waren von darauf oder dagegen tretenden Stiefeln teilweise von ihrer Rinde befreit, die meisten Steine waren fort getreten oder durch Fußtritte verschoben worden und tiefe, schwere, unregelmäßige Fußstapfen liefen quer durch den Wald. Nicht ohne Stolz warf ich einen kurzen Blick in Richtung Höhle, in die ich Lio getragen habe. Dort war noch alles, wie es vorher gewachsen war, kein Blatt war verbogen, kein Ast verknickt und selbst die Fußspuren waren trotz des zusätzlichen Gewichts kaum zu sehen. Ich wandte mich wieder Richtung Bach, denn in diese Richtung führte auch die Schleifspur. Auf der Schleifspur verliefen leicht verwischte Abdrücke von Krallen bewehrten Füßen. Ich konnte zu meiner Überraschung weder genau sagen, was für ein Wesen diese Spuren hinterlassen hatte, was an sich schon höchst seltsam war, denn ich kannte eigentlich alle Wesen in diesem Wald, noch konnte ich sagen, auf wie vielen Beinen die Kreatur gelaufen ist, da die Abdrücke alle gleich aussahen. Das brachte mich echt ins Grübeln, während ich der Spur in Richtung Bach folgte. Vorsichtshalber zog ich das Messer aus meinem Gürtel und schlich die letzten Meter, falls das Wesen noch da sein sollte, bis ich die Böschung hinab gucken konnte. Dort lag die Tasche verlassen im Matsch des Bachs. Sie selbst sah noch relativ intakt aus, nur hier und dort waren einige Risse und Schnitte in dem feinen Leder des Beutels zu erkennen, allerdings lagen rundherum hunderte, zerrupfte Blätter Papier verstreut. Ein paar Ledereinbände klammerten sich noch an ihren letzten Seiten fest und lagen geknickt und mit gebrochenen Rücken im Dreck. Ich wunderte mich, was Lio alles mit sich herumtrug, jedenfalls war von dem versprochenen Essen weit und breit nichts zu sehen. Das hatte sich das Wesen wohl unter den Nagel gerissen. Mein Blick schwiff ein letztes Mal suchend durch den Wald und als ich nichts sah, steckte ich das Messer wieder weg, stieg ich die Böschung hinab in das Bett des Baches und klaubte das Papier zusammen. Es standen hunderte filigran geschriebener Zeichen darauf, doch ich konnte ihnen keinen Sinn entnehmen. Ich stopfte alles zurück in die Tasche, wobei ich darauf achtete, dass nichts wieder herausfiel. Als alles verstaut war stieg ich schnell wieder aus dem Graben heraus und wählte den direkten Weg zurück zur Höhle.