Tut mir leid, dass ich am Freitag kein neues Kapitel hochlud, aber ich bin zeitlich einfach nicht dazugekommen. Dafür gibt es heute gleich zwei Kapitel, was sich am Ende als Glücksfall herausstellt, denn gerade im ersten der beiden Kapitel passiert eigentlich nicht sooo viel. Außerdem hab ich die alte Version noch einmal gehörig überarbeitet (Wörter ausgewechselt, Sätze um- und neugeschrieben, etc.) und sogar den Namen des Nachbarn geändert. Im letzteren Fall deshalb, weil eben jener Nachbar im späteren Verlauf der Geschichte noch wichtig wird. Viel Spaß beim lesen!
Hauptrollen:
Dylan Winter: Er ist homosexuell und hegt Gefühle für seinen Mitschüler Emmet. Dylan ist ein talentierter Zeichner.
O:Evo-1570: Ein außerirdisches Wesen vom Planeten Neró.
Philip „Phil“ Winter: Er ist Dylans Vater und von Beruf der Sheriff einer amerikanischen Kleinstadt. Seine Frau verstarb vor etwa einem Jahr.
N:Verhaltensweisen-13
Wasser. Überall Wasser. Die Badewanne schwappte über und überall auf dem Boden im ersten Stock verteilte sich das Wasser samt Schaum. Natürlich floss es auch die Treppe hinunter und so bekam mein Dad als erstes ein paar Tropfen auf seinem Kopf zu spüren, als er nach Hause kam. Doch das war noch harmlos im Vergleich zu dem Schock, den er zusätzlich erlitt. Nach seinem mächtigen Gebrüll, bei dem sogar Evo vor Furcht zusammen zuckte und sich schnell unter seinem Bett verkroch, rief er schließlich die Feuerwehr. Ein Sondereinsatz der Sonderklasse. Es dauerte Stunden, bis der Schaden einigermaßen behoben werden konnte. Spezielle Heizkörper wurden im ersten Stockwerk aufgestellt, die Boden, Wände und Mobiliar wieder trocken legen sollten. Im Erdgeschoss hingegen wurde die Fußbodenheizung eingeschalten, die in unserem Haus integriert war. So verging der Tag und ich fühlte mich wie einem Tropenhaus, denn es war warm, feucht und stickig.
Als ich auf die Uhr sah, zeigten die Zeiger auf zehn nach ein Uhr nachts. Evo, mein Dad und ich saßen stillschweigend in der Küche und verzerrten gerade unser verspätetes Abendessen – Suppe! Evo schlürfte genüsslich aus seinem Teller, während ich lediglich darin im Kreis rumrührte, da ich keine Flüssigkeiten mehr sehen konnte. Keiner wagte es, auch nur ein Wort von sich zu geben. Die Feuerwehr war vor einer halben Stunde abgerückt und seitdem glich unser Haus einer Leichenhalle. Ich konnte wage abschätzen, was mich noch erwarten würde. Entweder würde Evo als Erstes das Wort ergreifen und wieder etwas total unpassendes von sich geben, oder aber mein Dad sagt als Erstes etwas, dass dann aber bestimmt nicht erfreulich wäre. Und ich sollte mit meiner Vermutung Recht behalten, denn mein Dad durchbrach schließlich als Erster die unangenehme Stille. „Also…“
„Die Suppe schmeckt gut. Kann ich bitte Nachschlag haben?“, quatschte Evo ihm dazwischen.
Mein Dad und ich starrten ihn völlig entgeistert an und ich befürchtete bereits, dass es für Evo statt Nachschlag einen richtigen Schlag in die Magengrube gab, aber zum Glück war mein Dad nicht von Brutalität gezeugt. Er versuchte immer das Gute in einem Menschen zu sehen … und in Evos Fall auch das Gute in einem Außerirdischen. Bevor er handgreiflich wurde, versuchte er die Probleme immer mit Kommunikation aus der Welt zu schaffen. Ob das bei Evo allerdings half, durfte angezweifelt werden. „Also…“, sagte er erneut und etwas langsamer. „Es ist Wochenende und ich habe mir aus privaten Gründen – die ihr sicher nachvollziehen könnt – freigenommen. Deshalb…“ Evo starrte meinen Dad neugierig an, während ich noch etwas verunsichert war und mich auf meinem Stuhl ganz klein machte. „Deshalb wird es dieses Wochenende einen Schnellkurs für Evo geben, damit er menschliche Verhaltensweisen lernt, Grundkenntnisse im Haushalt, Schule und der Öffentlichkeit erlernt und erst dann überlege ich mir, ob ich ihn auf die Menschheit loslasse, oder nicht doch lieber von meiner Waffe Gebrauch mache. Jedes Gericht würde für Notwehr plädieren, angesichts dessen, was hier heute vorgefallen ist. Dylan, deine Aufgabe wird es sein, ihm das alles unter meiner Aufsicht beizubringen. Du bist mein Sohn, weshalb ich dich schlecht erschießen kann, aber dir dabei zuzuschauen, wie du dich dieses Wochenende quälst, reicht erstmal als Schadensbegrenzung.“
Ich hatte keine andere Wahl. Mit meinem Dad legte sich niemand an, nicht einmal ein völlig chaotisches Wesen aus dem Weltall. Also warf uns mein Dad am Samstag zu früher Stunde aus dem Bett und als erstes an der Tagesordnung stand natürlich der Haushalt an. Ich zeigte Evo unsere Waschmaschine und wie sie zu bedienen war, wie der Gasherd funktionierte und das Hannibal niemals in den Backofen geschoben werden darf. Den Rasen hat Evo zwar sauber gemäht, allerdings hat er das gemähte Gras aus dem Rasenmäher zum Nachbarn rüber geworfen. Herr Yard war darüber alles andere als erfreut und hat diesbezüglich bereits gestern Abend an unserer Haustür geklingelt, als die Feuerwehr noch zugange war. Nebenbei gesagt, hat sich Evo während der ganzen Zeit im Baumhaus versteckt, beziehungsweise verkrochen, aus Schutz vor meinen wütenden Dad, als auch zur Tarnung vor der Feuerwehr. Doch seine Fähigkeit zur Transformation in andere Lebewesen war sehr praktisch, weshalb mein Dad überhaupt in Erwägung zog, darüber nachzudenken, Evo mit mir in die Schule zu schicken. Doch zurück zu unserem Tagesplan: Ich brachte Evo bei, wie man bei uns recycelt und wie die verschiedensten Kleidungsstücke ordentlich zusammen gefaltet werden. Evo war sehr lernfähig, was alles erheblich vereinfachte. Am Samstag war die Stimmung zwar noch etwas gedämpft, aber am Sonntag lockerte sie sich bereits wieder und mein Dad richtete für uns alle drei ein üppiges Frühstück mit frischgebackenen Brötchen, Speck, gekochten Eiern und frischgepressten Orangensaft her. Evo haute ordentlich rein und so lag es an mir, ihm auch noch ein paar Tischmanieren beizubringen. Ich hab noch niemanden gesehen, der gekochte Eier samt der Schale aß. Mein Dad und ich waren jedoch sehr angetan von seinen spitzen Zähnen, mit denen er alles in Sekundenschnelle zerkleinerte. Und da er so schnell aß, wurde sein langer Schwanz einfach zur dritten Hand, die seinen Rachen möglichst schnell füllte. Als er schließlich mit seinem Schwanz wieder nach einem Brötchen greifen wollte, packte mein Dad ihn reflexartig und blickte ihn drohend an: „Benutz deine Hände!“ Nach dieser Ansage schluckte Evo sein gekautes Essen herunter und benutzte fortan nur noch seine zwei Hände, während sein Schwanz einfach nur vom Stuhl baumelte und er sich damit gelegentlich am Hintern kratzte.
„Also schön.“, sagte mein Dad am Abend im Wohnzimmer, nachdem wir Evo noch über ein paar Verhaltensweisen in der Öffentlichkeit aufgeklärt haben. „Du willst also zur Schule gehen, Evo?“ Evo nickte ihm freudig zu, doch mein Dad ließ sich nicht beirren, stand mit verschränkten Armen vor ihm und starrte ihn von oben bis unten an. „Nehmen wir mal an, ich würde deiner Bitte beigeben und du würdest dich sogar an die Regeln halten, in deiner jetzigen Gestalt wäre das dennoch unmöglich!“
„Ich kann mich ja wieder in diesen Musiker verwandeln.“, meinte Evo zuversichtlich.
„Nein!“, riefen mein Dad und ich diesmal gleichzeitig und Evo ließ betrübt seine Ohrenspitzen sinken.
„Es muss jemand sein den keiner kennt.“, sagte mein Dad schließlich. „Dann kann ich mir auch eine Geschichte ausdenken, woher du kommst und wieso du bei uns wohnst. Ich dachte da vielleicht an einen entfernten Cousin aus Europa oder so. Die Europäer sind ja alle etwas verrückt, das würde also gut zu dir passen. Nur lass es bitte kein Deutscher sein, denn die haben alle einen Stock im Arsch!“
„Okay, wie wäre es damit?“ Evo fing an sich zu verwandeln und ich schaute gespannt zu, wie sich seine Körperteile nach und nach verwandelten. Seine Körper wurde breiter, Füße und Hände bekamen jeweils ein fünftes Glied, seine Ohren wurden weniger spitz, seine orange Farbe wich einem Hautton, seine Haare wurden schwarz, und seine Fühler und sein Schwanz verschwand gänzlich. Er sah eigentlich schon sehr menschlich aus, wenn auch fett und kleinwüchsig.
„Wow …. das ist zu viel. So glaubt uns doch kein Mensch, dass du mit uns verwandt bist.“, meinte mein Dad und ich pflichtete ihm natürlich bei. „Zumal du schlecht als Dylans Cousin durchgehst, wenn du wie ein vierzigjähriger Neandertaler ausschaust.“
„Okay, ich glaube jetzt habe ich verstanden was ihr genau wollt.“, sagte Evo schließlich breit grinsend, während seine Wangen sich in seiner aktuellen Gestalt fett aufplusterten. Kurz darauf verwandelte er sich erneut und diesmal war das Ergebnis einfach nur perfekt!
Ξ:Cosmo-14
Die Abendsonne strahlte über die Dächer hinweg und tauchte unsere Kleinstadt in ein warmes Licht. Drei Schatten spiegelten sich auf der geteerten Straße wieder, die zu mir, meinem Vater und Evo in seiner neuen Gestalt gehörten. Wir schlenderten am Rathaus vorbei, marschierten über die Straße und rüber zum Park, der an einem See gelegen war. Dort befand sich ein Spielplatz mit Karussell, einem Klettergerüst, einer großen Rutsche und zwei Schaukeln. Auch eine Tischtennisplatte und ein überdimensionales Schachbrett befanden sich auf dem gut gepflegten Rasen. Es war ein schöner Ort, an dem sich immer viele Eltern mit ihren Kindern tummelten. Da es schon spät war, war im Park nun aber nicht mehr allzu viel los. Ein Mann schlenderte gerade über dem Rasen, während sein Hund, ein Rotrevier, mit dem er gerade Gassi ging, den Tauben hinterherjagte. Auf dem Spielplatz kletterten noch zwei Kinder, ein Junge und ein Mädchen, auf dem Klettergerüst rum, während ihre Mutter die letzten Seiten eines Buches zu Ende las und gelegentlich zu ihren Kindern rüber sah.
„Denk daran was wir dir beigebracht haben. Verhalte dich unauffällig.“, erinnerte mein Vater Evo, der zum ersten Mal in seiner neuen menschlichen Gestalt in der Öffentlichkeit auftrat.
„Du bist jetzt einer von uns, also musst du dich auch so verhalten.“, fügte ich hinzu.
„Das schaff ich. Es ist leicht ein Mensch zu sein.“, meinte Evo frohen Mutes und ich hoffte, dass sein Optimismus ihn und auch uns nicht im Stich ließ.
Wir schlenderten also weiterhin über den Rasen und steuerten geradewegs auf den Spielplatz zu. Als wir an der Frau vorbei kamen, sah sie nicht zu uns auf, dafür beobachteten uns deren Kinder bereits mit neugierigen Blicken. Vor allem Evos neue Gestalt galt ihrer Neugier. Evo hatte sich in einen völlig neuen Menschen verwandelt. Von der Statur her war er eher schmächtig und auch etwas kleiner als ich, aber er hatte eine schöne weiche Haut. Seine Haare waren nun so schwarz wie die Nacht und seine grünen Augen hatten den Glanz von Smaragden. Wenn er seinen Mund öffnete, konnte man seine strahlend weißen Zähne erkennen, während sich ein Lächeln in seinem Gesicht abzeichnete, das den Nordpol zum Schmelzen bringen dürfte – nicht das das bei dem aktuellen Klimawandel von Nöten gewesen wäre. Nachdem er seine Wandlung vollzogen hatte, sagte ich zu ihm: „Jetzt siehst du wie ein normaler Bürger unseres Planeten aus…, wenn auch mit ein paar netten Accessoires.“
„Ist das eine Schaukel?“, fragte Evo mich flüsternd, als er sich zu mir rüber beugte. Ich nickte leicht und daraufhin rannte Evo auch schon auf die zwei Schaukeln zu. Auf eine der Beiden setzte er sich und fing an, sich freudig hin und her zu schaukeln. Dabei strahlte er überglücklich, was eine anziehende und ansteckende Wirkung auf mich ausübte. Ich rannte also zur anderen Schaukel und fing ebenfalls damit an, mich in die Lüfte gleiten zu lassen. Die Kinder beobachteten uns auch weiterhin, bis ihre Mutter das Buch zuschlug und sie aufforderte, nun von dem Klettergerüst runter zu kommen, damit sie nach Hause gehen konnten. Indessen führte mein Dad ein Telefongespräch.
Eine halbe Stunde später gingen wir wieder nach Hause, aber nicht ehe ich Evo im Karussell einen Drehwurm bescherte, indem ich das Karussell von außen anschob.
Mein Dad schlug gerade die Tür zu Hause zu, als er auch schon sagte: „Ich habe mit einem Bekannten telefoniert, der einen Posten in der Gemeinde inne hat. Er ist mir noch einen Gefallen schuldig, also hab ich ihn darum gebeten, dich Evo in der Gemeinde als Dylans Cousin eintragen zu lassen. Demnach verzichtet er auch auf eine Geburtsurkunde, aber einen Namen und Geburtstag benötigen wir dennoch für dich.“
„Wie wäre es mit Hugo?“, schlug ich breit grinsend vor.
„Hugo klingt nett.“, pflichtete Evo mir bei. Er verstand wohl die Ironie hinter meinem Vorschlag nicht.
„Jungs bitte.“, sagte mein Dad kopfschüttelnd, während wir alle drei ins Wohnzimmer stolzierten und es uns gemütlich machten. „Das ist eine ernste Angelegenheit. Ich breche hier schließlich ein Gesetz. Also hat hier noch einer einen konstruktiven Vorschlag, ansonsten suche ich den Namen aus?!“
„Sag lieber schnell einen Namen, denn sonst heißt du am Ende Melvin oder Dustin.“, meinte ich zu Evo. „Mir persönlich würde es ja gefallen, wenn dein Name was mit Astronomie zu tun hat.“
„Dann nennen wir ihn also Pluto?“, fragte mein Dad irritiert in die Runde. Sieh an. Uns um etwas mehr Ernsthaftigkeit bitten, aber dann den Namen von Micky Maus` Hund vorschlagen.
„Kann ich mich dann Téleios nennen?“, fragte Evo uns.
„Tee was?“, kam es aus unseren Mündern gleichzeitig.
„Téleois! In eurer Sprache bedeutet das, dass ich ‚perfekt‘ bin.“, erklärte Evo uns grinsend.
Ich starrte Evo grimmig an. „Erstens ist das kein menschlicher Name, zweitens bist du alles andere als perfekt und drittens, hör auf immer so blöd zu grinsen, das macht mich nervös.“
„Wenn wir uns nicht auf einen Namen einigen können, müssen wir ihn eben doch Melvin oder so nennen.“, meinte mein Dad daraufhin, was ich aber strikt ablehnte.
„Ich will keinen Cousin haben, der sich Melvin nennt. Er wird auf meine Schule gehen und ich möchte nicht zum Gespött meiner Mitschüler werden!“, erklärte ich. Nach einer kurzen Stille, in der wir alle fleißig weiter überlegten, sagte ich schließlich: „Was hältst du von dem Namen Cosmo? Der Name leitet sich von ‚Kosmos‘ ab und übersetzt bedeutet er ‚die Schönheit‘ und ‚die Ordnung‘.“
„Ach und bei dem Namen Cosmo wird ihn keiner verspotten?“, entgegnete mein Dad fragwürdig.
„Ich finde den Namen schön. Cosmo mag ich und ich mag mich.“, sagte Evo glücklich und zufrieden.
„Na bitte, geht doch.“, sagte ich stolz.
„Also Cosmo. Und ihr seid euch da auch ganz sicher?“, harkte mein Dad noch einmal vorsichtig nach. „Ist der Name erst einmal eingetragen, lässt er sich nicht mehr umändern.“
„So sicher wie mein Schwanz lang ist.“, bestätigte Evo ihm, während ich ein wenig rot im Gesicht wurde, bei dem unpassenden Vergleich, den er von sich gab.
„Und was nehmen wir als Geburtsdatum?“, fragte mein Dad uns.
Auch hierfür hatte ich einen Vorschlag parat. „15.Oktober 1999. An jenem Tag ist Evo nämlich in unserem Pool gelandet und seitdem wohnt er bei uns. Er sollte in etwa so alt sein wie ich, deshalb Jahrgang 1999, oder was meint ihr?!“
„Finde ich evotastisch!“, rief unser außerirdischer Hausgast hocherfreut.
„Sehr gut. Dann wäre das ja schon mal geklärt.“, meinte mein Dad zufrieden. „Es wird langsam spät und morgen ist Schule. Geht lieber gleich ins Bett, ihr wollt doch morgen nicht verschlafen. Ach und noch ganz wichtig: Evo heißt jetzt Cosmo. Merkt euch das Beide und benutzt fortan nur noch diesen Namen. Wenn der Schwindel auffliegt, bekommen wir eine Menge Probleme.“
Fortsetzung folgt … am Mittwoch, den 12.Oktober 2022!